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Ein Cocktail für die Sinne und den Magen
Wusterhausen/Dosse, den 21.12.2015Dankeschön-Veranstaltung für Leseförderer
Christel Weimar las Weihnachtliches von Fontane
Kurz vor Weihnachten 1831 ist es bitterkalt. Auf dem Dachboden seines Elternhauses in Neuruppin sitzt ein Knabe auf einem alten Schlitten, eingehüllt in Vaters Mantel. Stürmischer Wind schickt Schnee durch die Ritzen zwischen den Dachziegeln. Der Junge versucht tapfer , ein Gedicht zu lernen. "Das Eleusische Fest" von Friedrich Schiller hat 26 Strophen. Die Merkfähigkeit geht bei dem Buben gegen Null. Es sei nicht mal die epische Länge, versichert er seinem Vater, der ihn unterm Dach findet. Er verstehe einfach nicht, worum es in den Versen gehe. Das Glöckchen, das zum Mittagessen ruft, beendet das Martyrium. Der heranwachsende Theodor Fontane entschwindet in die Wärme und an Mutters Tisch.
Als greiser Dichter, der die Wanderungen durch die Mark längst hinter sich hat, erinnert er sich 1894 in seinem Buch "Meine Kinderjahre" an diese Episode. Christel Weimar hat sie am Freitagabend im alten Laden des Herbst'schen in Wusterhausen einer großen Zuhörerschar nahe gebracht. Fast drei Stunden lang war sie die Hauptperson eines literarisch-musikalischen Programms, trug gekonnt aus Fontanes Werken und Briefen vor. Sie verstand es, die fast 70 Zuhörer mit toller "Lesestimme" und einer gekonnten Auswahl zu fesseln. Dazu gehörten auch "Gelegenheitsgedichte" und Geschichten, die sich hauptsächlich um das Fest der Feste drehen. Den musikalischen Part an diesem Abend besetzten das Cello-Ensemble "ConCelli" der Kreismusikschule Havelland und Christa Eggert mit ihrem Saxophon. Zu diesem Cocktail für die Sinne kam solide Hausmannskost für den Magen. Es gab Gebackenes nach Rezepten aus dem 19. Jahrhundert und Glühwein von heute. Eingeladen hatte die Wusterhausener Bibliotheksleiterin Kerstin Jonas. Gäste waren die aktivsten Ehrenamtlichen, die sich im zu Ende gehenden Jahr um das Lesen und die Leseförderung verdient gemacht haben. Zu ihnen zählen unter anderem Marianne Golde, Erika Lugauer und Ruth Granowski, aber auch die Mitglieder des Landfrauenvereins, die nie müde wurden, Veranstaltungen im Herbst'schen Haus mit kleinen Backwundern zu bereichern. Vielen in guter Erinnerung geblieben sind Lesungen im Literatur-Cafè, Veranstaltungen zum Welttag des Buches und zum Tag der Bibliotheken, aber auch Schnuppertouren von Kita-Sprößlingen in die größte Bücherstube der Gemeinde. "Ihnen allen möchte ich heute sehr herzlich danken", sagte Kerstin Jonas am Beginn des Abends.
Der Dank ist angekommen. Das bewies der Applaus nach jedem der Programmpunkte, das zeigte sich auch in den Pausengesprächen. Wer sich gerade mal nichts zu erzählen hatte, nutzte die Gelegenheit zu einem Rundgang, vorbei an den ausgestellten künstlerischen Arbeiten der Gymnasiasten aus der Neustädter Prinz-von-Homburg-Schule. Auch der lohnte ein Verweilen.
Wolfgang Hörmann
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