Lesung zum Literarischen Bilderbogen: Frido Mann: "Das Weiße Haus des Exils"
Rückkehr an die Stätte der Kindheit
Frido Mann, der Lieblingsenkel von Thomas Mann, las in Wusterhausen innerhalb der Reihe Literarischer Bilderbogen aus seinem Buch „Das Weiße Haus des Exils“
Von Renate Zunke
Wusterhausen
Er ist Nachkomme der berühmten Mann-Familie: Frido Mann. Am Donnerstag war er Gast des „Literarischen Bilderbogens“ in Wusterhausen. Sein Vater Michael war das jüngste der sechs Kinder des Schriftstellers Thomas Mann und seiner Frau Katia.
Um die 100 Literaturinteressierte waren gekommen, um die Lesung des Enkels von Thomas Mann zu erleben. Er reflektiert in seinem Buch „Das Weiße Haus des Exils“ essayhaft die Zeit die er, 1940 geboren, im kalifornischen Exilhaus seiner Großeltern verbrachte. Denn dieses „Weiße Haus“ in Pasific Palisades war ab 1942 ein bedeutender Ort nicht nur für die Familie. Dort entstand das vom Exil geprägte Alterswerk des Schriftstellers Thoma Mann. Dort schrieb er „Doktor Faustus“, die bittere Abrechnung mit dem „deutschen Wesen“. Von dort aus kämpfte er gemeinsam mit seinen Kindern Erika und Klaus gegen Hitler und den Nationalsozialismus. Dort verfasste er seine zahlreichen Radioansprachen für Amerika und Deutschland. Von hier aus brach er zu seinen alljährlichen Vortragsreisen durch die USA auf.
Nun hat die Deutsche Bundesrepublik dieses Haus in Kalifornien gekauft, das die Familie Mann 1952 verließ und das sich Jahrzehnte lang in Privatbesitz befand. Das geschichtsträchtige Gebäude soll zu einer Stätte des transatlantischen Austausches werden. Frido Mann schreibt: „Dort soll ein von Experten geführter Austausch den konflikthaften Polarisierungen zwischen Europa und den USA entgegenwirken und die Fundamente der Demokratie erneuern und festigen.“
Das Haus wurde nach einem Umbau im Juni wiedereröffnet. Auf Einladung des Bundespräsidenten Walter Steinmeier war Frido Mann dabei. Doch schon vorher durchstreifte der heute 78-jährige Lieblingsenkel von Thomas Mann die Räumlichkeiten.
In Wusterhausen bezeichnete er den Erwerb des Hauses durch den Staat auch als ein Bekenntnis der Bundesrepublik zum geistigen Erbe von Thomas Mann. Der Erwerb bedeutet für ihn ein Bekenntnis „gegen radikale und antidemokratische politische Tendenzen“, wie er in seinem Buch schreibt. In „Das Weiße Haus des Exils“ erzählt er von beunruhigende Diskussionen, die seinerzeit von den Manns in Kalifornien geführt wurden, wie zum Beispiel nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Frido Mann war damals knapp vier Jahre alt. In seinem Buch berichtet er auch von der Zeit nach dem Krieg, als in den USA die Kommunistenverfolgung fast zur Hexenjagd, vor allem gegen Intellektuelle und Künstler, eskalierte und Thomas Mann sich zunehmend bedroht fühlte. Sein Enkel Frido hat nun, was er als Kind wahrnahm, mit heutigen Erkenntnissen angereichert und verwoben. Bei seinem Rundgang durch die renovierte Villa blättert er in den Tagebüchern seines Großvaters aus jenen Tagen. Schon bevor er im Frühjahr dieses Jahres nach Kalifornien reiste, schrieb Frido Mann am Buch. So schnell hätte er noch nie eines fertiggestellt, verriet er seinen Zuhörern in Wusterhausen und sagte: “Man kann, wenn man muss.“ Sechs Tage dauerte seine Reise und jeder Tag bekam in dem Buch ein Kapitel.
1947 sind Mitglieder der Familie Mann dann zu verschiedenen Zeiten aus Kalifornien nach Europa, genauer in die Schweiz, aufgebrochen, sind dann wieder zurück in die USA gegangen, um fünf Jahre später endgültig in die Schweiz umzusiedeln. Frido Mann sagte bei der Lesung in Wusterhausen: „Die Rückkehr war nicht einfach. Eigentlich war es keine Rückkehr sondern ein zweites Exil.“
Zu den jetzigen politischen Zuständen in Amerika befragt, meinte der Schriftsteller, der seit 2012 in München lebt und sowohl die amerikanische wie die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt: „Bis zur nächsten Präsidentenwahl sind es zwei Jahre. Es kann sein, dass die Republikaner wieder gewinnen. Ich glaube es nicht ganz. Wir werden sehen.“ Und er stellte fest: „Es gibt in Amerika viele einsatzwillige Demokraten, aber auch viele fiese Republikaner.“ Ab dem Herbst 2019 wird Frido Mann zu einer Vortragsreise quer durch Amerika aufbrechen und für einen transatlantischen Dialog werben, ließ er seine Zuhörer wissen. Denn noch sei das Thomas-Mann-Haus in den USA nicht sehr bekannt. Das wolle er ändern.
Zu seiner Person
Frido Mann wurde 1940 als Sohn der Schweizerin Gret Moser und Michael Mann, jüngster Sohn von Thomas Mann, geboren.
Er gilt als der Lieblingsenkel von Thomas Mann, dem er in seinem Roman „Doktor Faustus“ in Gestalt des Nepomuk Schneidewein ein literarisches Denkmal setzte.
Nach dem Abitur in der Schweiz studierte Frido Mann zunächst Musik. Im Anschluss absolvierte er ein Studium der Katholischen Theologie in München. Gleichzeitig studierte er Psychologie. Er war zum Beispiel 1978 als Gastdozent für Psychologie an der Universität Leipzig tätig.
Seit 1981 ist er auch schriftstellerisch tätig. So setzt er sich in seiner 2008 erschienen Autobiografie aus psychologischer Sicht mit der Geschichte der Familie Mann auseinander, zu der auch die schwierige Situation zu seinen Eltern gehört. Hier beschreibt er ebenfalls die Zeit seiner Kindheit, die er bei den Großeltern im kalifornischen Exil verbrachte.