Literatur-Café: Heidelore Rutz "Klopfzeichen: Mein Weg in die Freiheit: vom DDR-Ausreiseantrag zum Häftlingsfreikauf"
Unfassbare Geschichten aus dem DDR-Knast
Heidelore Rutz eröffnete mit ihrer Autobiografie „Klopfzeichen: Mein Weg in die Freiheit: vom DDR-Ausreiseantrag zum Häftlingsfreikauf“ in der Bibliothek Wusterhausen die 2019er Reihe des Literatur-Cafés.
Die Kaffeetassen ruhten. Keiner kaute mehr Kuchen. Denn es war eine ziemlich schwere Kost, die Heidelore Rutz da am Mittwochnachmittag in den Veranstaltungsraum neben der Wusterhausener Bibliothek mitbrachte.
Die 1945 geborene Seniorin las dort aus ihrer Autobiografie „Klopfzeichen: Mein Weg in die Freiheit vom DDR-Ausreiseantrag zum Häftlingsfreikauf“.
Es ist ein Buch, in dem die frühere Krankenschwester aus Brandenburg/Havel schonungslos beschreibt, was sie in ihrer Haftzeit seit 1983 erlebte und wie sich die Zellennachbarn nur mittels Klopfzeichen verständigten.
Von der Verhaftung in Jena mitten aus dem Urlaub heraus, nur weil die Familie einen Ausreiseantrag gestellt hatte und in der Stadt gerade eine der sogenannten „stummen Demos“ lief, über die Stasi-U-Haft in Potsdam und die Zeit in der JVA Hoheneck bis zum Freikauf und der Ausreise in die BRD folgten ihren Sätzen rund 50 in den Bann gezogene Zuhörer.
Sie kamen nicht nur aus Wusterhausen und Umgebung, sondern auch aus Kyritz und Sieversdorf beispielsweise.
Eine Episode handelt davon, wie die damals noch junge Frau sich in sämtliche Körperöffnungen gucken lassen sollte.
„Ich bin auch viel in Schulen unterwegs und berichte dort. Und mit meinem Buch habe ich jetzt gut zwei Dutzend Lesungen hinter mir. Das soll reichen“, erzählte die im Jahr 2004 vom Niederrhein zurück nach Potsdam gezogene Heidelore Rutz der MAZ: „Anfragen kommen immer wieder neue rein.“
Die Wusterhausener hatten quasi noch Glück. Dort bildete diese Veranstaltung zudem den Auftakt zur diesjährigen und seit 2012 erfolgenden Reihe „Literatur-Café“. Mit Blick auf den vollen Raum sagte Bibliotheksmitarbeiter Tobias Kahler: „Das Literatur-Café wird immer beliebter.“
Von Matthias Anke